Von natürlichen zu künstlichen Zellen - Petra Schwille wird neue Direktorin am MPI für Biochemie

7. Oktober 2011

Petra Schwille unterschrieb vor kurzem den Vertrag zur Direktorin am Max-Planck-Institut (MPI) für Biochemie in Martinsried bei München. Die Biophysikerin gilt als international führend auf ihrem Gebiet. Noch bis April 2012 lehrt und forscht sie nebenamtlich als Lehrstuhlinhaberin für Biophysik an der Technischen Universität Dresden. Danach wird sie mit ihrem Mann und ihren drei Kindern nach München ziehen und ihre Arbeit am MPI für Biochemie aufnehmen. Die neue Forschungsabteilung „Zelluläre und molekulare Biophysik“ untersucht die Wechselwirkungen einzelner Biomoleküle in der Zelle.

Das Wunderwerk Zelle besteht aus vielen verschiedenen Biomolekülen, wie zum Beispiel Proteine, Fette und DNA. Doch wie genau interagieren die einzelnen Bestandteile miteinander? Dieser und anderen Fragen wird Petra Schwille in Zukunft als Direktorin am MPI für Biochemie nachgehen. Neben der Forschung an lebenden Zellen und Organismen versucht sie dabei auch, die Strukturen einer Zelle mit Hilfe eines Baukastenprinzips zu rekonstruieren. So möchte sie die grundlegenden Mechanismen lebender Systeme Schritt für Schritt nachvollziehen. „Unsere Vision ist, immer mehr Bausteine aus natürlichen und synthetischen Biomolekülen zusammenzufügen, bis wir schließlich die Minimalversion einer Zelle vor uns haben“, so die Biophysikerin.

So gelang es Petra Schwille und ihrem Team kürzlich, ein minimales, zur biologischen Selbstorganisation fähiges System aus zwei Proteinarten, einer künstlichen Zellhülle und der Energiequelle ATP zu bauen. An diesem Modell konnten die Forscher beobachten, dass die Proteine bei Energiezufuhr Muster und Oberflächenwellen ausbilden. „Künftig möchte ich vergleichbare Ansätze wählen“, erklärt Petra Schwille, „um Prozesse wie die Zellteilung, aber auch die Polarisation und Ausdifferenzierung lebender Systeme möglichst von Grund auf zu analysieren und zu verstehen.“

Entwicklung und Einsatz innovativer Methoden

„Interaktionen und Dynamiken von Biomolekülen zu messen, ist der Schlüssel zum Verständnis lebender Systeme“, sagt die 43-Jährige. Dabei kommen neuartige biophysikalische Methoden wie die Fluoreszenz-Kreuzkorrelations-Spektroskopie (FCCS) zum Einsatz. Die FCCS wurde von Petra Schwille und ihrer Arbeitsgruppe maßgeblich entwickelt und gilt in Fachkreisen als eines der wichtigsten Werkzeuge der modernen Zell- und Molekularbiologie. Mit dieser hochsensiblen optischen Messmethode können Wissenschaftler die Wechselwirkungen zwischen Proteinen ermitteln – direkt in der lebenden Zelle oder im lebenden Organismus wie dem Fadenwurm und dem Zebrafisch. „Auf diese Weise können wir biochemische Prozesse in bislang unerreichter Präzision und unter minimaler Störung des Gesamtsystems Zelle darstellen“, erläutert Petra Schwille.

Zur Person

Petra Schwille studierte Physik und Philosophie an den Universitäten Stuttgart und Göttingen und promovierte bei Nobelpreisträger Manfred Eigen am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie. Nach einem Postdoc-Aufenthalt an der Cornell University (Ithaca, New York, USA) kehrte sie 1999 nach Deutschland und ans MPI für biophysikalische Chemie zurück, wo sie ihre eigene Nachwuchsgruppe leitete. 2002 folgte sie einem Ruf auf den Lehrstuhl für Biophysik am Biotechnologischen Zentrum (BIOTEC) der Technischen Universität Dresden, den sie bis April 2012 innehaben wird. Bis dahin ist sie Direktorin im Nebenamt am MPI für Biochemie. Ab Mai nächsten Jahres wird sie hauptamtlich in Martinsried tätig sein. Für ihre wegweisenden Arbeiten zur Entwicklung der FCCS wurde Petra Schwille unter anderem mit dem Philip Morris Forschungspreis 2004 und dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2010 der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet.

Kontakt

Prof. Dr. Petra Schwille (bis April 2012)
Biophysics Group

Technische Universität Dresden
Biotechnology Center
Tatzberg 47/49
01307 Dresden

E-Mail: schwille[a]biotec.tu-dresden.de

www.biotec.tu-dresden.de/research/schwille.html

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