Zwei Leopoldina Ehrungen für MPIB Wissenschaftler
Die älteste dauerhaft existierende naturforschende Akademie der Welt ehrt posthum Walter Neupert mit der Cothenius-Medaille und würdigt Elena Conti mit der Schleiden-Medaille.
Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina würdigt seit 1652 wissenschaftliche Leistungen und wählt hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu ihren Mitgliedern. Die Akademie ehrt nun zwei ihrer Mitglieder und Forscher am Max-Planck-Institut für Biochemie (MPIB) mit besonderen Auszeichnungen. Max-Planck-Fellow Walter Neupert erhält posthum die Cothenius-Medaille für sein wissenschaftliches Lebenswerk und Elena Conti, Direktorin am MPIB, die Schleiden-Medaille für herausragende wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Zellforschung. Die Medaillen werden bei der feierlichen Eröffnung der Jahresversammlung am 20. September 2019, in Halle (Saale) überreicht.
Walter Neupert untersuchte die Kraftwerke der Zellen
Der Biochemiker und Zellbiologe Prof. Dr. Walter Neupert (1939–2019) erforschte die Struktur und Biogenese von Mitochondrien. Bei Mitochondrien handelt es sich um Zellorganellen, die für die Energieumwandlung zuständig sind und häufig als Kraftwerke der Zellen beschrieben werden. Im Zentrum von Neuperts Forschungsarbeiten stand die Frage nach dem Proteintransport in Mitochondrien, ein Vorgang, den er als einer der ersten Wissenschaftler überhaupt untersucht hat. Ein besonderes Verdienst Neuperts war es, die Biochemie ‒ zunächst eine von Grundlagenforschung geprägte Disziplin ‒ gegenüber der Medizin zu öffnen. So spielen Störungen der Mitochondrien eine wichtige Rolle bei Herzerkrankungen, Stoffwechselkrankheiten und Krebs. Neupert lieferte gemeinsam mit seiner Forschungsgruppe grundlegende Erkenntnisse zum Proteinimport, zur Proteinfaltung und Struktur der Mitochondrien. Er entschlüsselte in seiner Forschung Mechanismen, deren grundlegende zellbiologische Bedeutung weit über das Forschungsgebiet der Mitochondrien hinausgeht und die in die Lehrbücher eingegangen sind. Als Lehrer und Mentor hat er zahlreiche hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausgebildet und gefördert.
Walter Neupert studierte Chemie und Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und promovierte dort 1968 zur Biogenese von Mitochondrien. Das Thema begleitete ihn auch als Professor an der Georg-August-Universität Göttingen (1977-1983) und LMU München (1983-2010). Von 2008 bis 2017 setzte er seine Forschung als Max-Planck-Fellow am MPIB in Martinsried fort. Zu den zahlreichen Auszeichnungen und Ehrungen des Wissenschaftlers zählen der 2008 verliehene Bayerische Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst sowie die ihm 2015 überreichte Ernst-Jung Medaille für Medizin in Gold. Neupert wurde 1993 zum Mitglied der Leopoldina ernannt, 1999 wurde er von der Akademie bereits mit der Schleiden-Medaille geehrt.
Elena Conti analysiert den Vermittler des genetischen Codes
Elena Conti, Leiterin der Abteilung „Zelluläre Strukturbiologie“ hat grundlegend neue Erkenntnisse zum RNA-Transport innerhalb der Zelle und zum RNA-Stoffwechsel gewonnen. Die RNA, die sogenannte Ribonukleinsäure sorgt in der Zelle unter anderem dafür, die genetischen Informationen der DNA in Proteine zu übersetzen. Conti erforscht mit ihrer Abteilung insbesondere den Abbau von RNA durch Proteinstrukturen, der in der Zelle etwa dann stattfindet, wenn RNA-Moleküle nicht mehr benötigt werden oder defekt sind. Conti ist es in diesem Zuge gelungen, eine der größten RNA-Abbau-Maschinerien, das RNA-Exosom, in seiner atomaren Struktur zu entschlüsseln. Darüber hinaus interessiert sich die Wissenschaftlerin für die Frage, wie der Informationsaustausch in diesem Bereich innerhalb der Zelle funktioniert. Sie hat etwa die Funktion des dafür relevanten Proteinkomplexes (Exon‐Junction‐Komplex) beim Aufspüren und dem Abbau fehlerhafter Boten‐RNA analysiert. Außerdem gelang es Conti und ihrem Team, den sogenannten Ski-Komplex zu entschlüsseln, der den RNA-Abbaukomplex (das Exosom) mit RNA-Molekülen versorgt und somit aktiviert.
Elena Conti studierte Chemie an der Universität Padua und Biochemie am Imperial College in London, wo sie 1996 mit einer Arbeit über die Proteinkristallographie promovierte. Anschließend ging sie als Postdoc an die Rockefeller University New York, USA. 1999 übernahm sie die Leitung einer Arbeitsgruppe am European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg. Seit 2006 ist sie Direktorin der Forschungsabteilung „Strukturelle Zellbiologie“ am MPIB in Martinsried, 2007 folgte der Ruf auf eine Honorarprofessur an der LMU München. Für ihre wissenschaftlichen Leistungen wurde Conti unter anderem 2008 gemeinsam mit Elisa Izaurralde der Gottfried Wilhelm Leibniz‐Preis verliehen. 2014 erhielt sie den Louis Jeantet‐Preis. Seit 2009 ist sie Mitglied der Leopoldina. 2014 wurde sie zudem in die Academia Europaea gewählt.
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