Bayerischer Maximiliansorden für Dieter Oesterhelt
Der 1940 in München geborene Chemiker Dieter Oesterhelt war und ist bis heute in der Stadt tief verwurzelt. Im Labor des Nobelpreisträgers Feodor Lynen am Max-Planck-Institut für Zellchemie in München begann seine Forscherkarriere. Das Thema seiner Doktorarbeit, über Fettsäuresynthetase aus Hefe führte ihn 1969 an die University of California nach San Francisco zu einem Forschungsaufenthalt bei Walter Stoeckeniu. Hier begegnete er dem Archaebakterium Halobacterium salinarum und der Frage, warum dessen Farbe im Dunklen purpur und im Hellen gelb war. Nach seiner Habilitation 1975 ging Oesterhelt an das Friedrich-Miescher-Laboratorium in Tübingen und 1976 erhielt er eine Professur an der Universität in Würzburg. 1980 führte ihn sein Karriereweg zurück nach München an das 1973 neu gegründete Max-Planck-Institut für Biochemie.
Er leitete bis 2008, 28 Jahre lang die Abteilung Membranbiochemie und ist seither als Emeritius weiter am Institut tätig. Während dieser Zeit zeigte er, dass das von ihm entdeckte Bacteriorhodopsin eine lichtgetriebene Protonenpumpe ist, die sich in der Membran des Archaebakteriums befindet. Er nannte das neue Molekül Bacteriorhodopsin, da der Bestandteil Retinal auch schon als Farbpigment des Rhodopsin, dem Sehpigment im menschlichen Auge bekannt war.
„Das Prinzip ist vergleichbar mit einem Wasserkraftwerk. Wasser wird auf einen Berg gepumpt, damit es wieder zurück ins Tal fließen kann und auf diesem Weg einen Generator zur Stromerzeugung antreibt“, erklärt Oesterhelt. In der Zelle werden anstelle des Wassers Protonen über eine Membran hinweg mit Licht aus der Zelle gepumpt. Anstelle des Höhenunterschiedes von Berg und Tal entsteht zwischen Innen und Außen der Zelle ein elektrisches Potential. Die Energie, die beim Zurückströmen der Protonen frei wird, nutzt die Zelle zur Gewinnung des ATP, einem energiereichen Biomolekül und zentraler Energiewährung der Zelle.
In jahrzehntelanger Detailarbeit entschlüsselte Oesterhelt zusammen mit seinen Mitarbeitern, wie Halobacterium Sonnenenergie als Energiequelle nutzt, um eine einfache Form der Photosynthese zu betreiben. Ihnen ist erstmals gelungen, Kristalle des Bacteriorhodopsins zu züchten und dadurch den Aufbau und die räumliche Struktur des Proteins zu entschlüsseln. Die dafür entwickelten Methoden bilden heute die Basis für die Strukturuntersuchung von Membranproteinen.
Des Weiteren gelang es den Wissenschaftlern die Eigenschaften von Bacteriorhodopsin gezielt zu verändern. Durch den Austausch einzelner Aminosäuren entstehen Moleküle, die auf Licht unterschiedlicher Wellenlängen reagieren können - die Grundlage für ein ganz neues Forschungsfeld: die Optogenetik. Hierbei bringen Wissenschaftler die unterschiedlichen Rhodopsine gezielt in elektrisch erregbare Zellen, wie etwa Muskel- oder auch Nervenzellen, ein. Durch anschließende Bestrahlung dieser Zellen mit Licht verschiedener Wellenlänge, können diese nun (durch Ionen Ein- oder Ausströme) gezielt „an“ bzw. „aus“ geschaltet werden. Dies eröffnet unzählige Möglichkeiten, die Funktion des Gehirns zu untersuchen, ja vielleicht sogar einmal bestimmte Hirnkrankheiten zu heilen.
Auch heute mit 76 Jahren verspürt Oesterhelt noch den Drang Neues herauszufinden. So beschäftigt er sich, zusammen mit seinem Kollegen Norbert Hampp aus Marburg, seit vielen Jahren mit der Frage, wie die biotechnologischen Varianten von Bacteriorhodopsin technisch genutzt werden können. Varianten von Bacteriorhodopsin können beispielsweise als optischer Datenspeicher oder als Sicherheitspigment eingesetzt werden. Das Molekül ändert bei Belichtung seine Farbe von purpur zu gelb. Mit Bacteriorhodopsin-haltigen Farben erstellte Dokumente bleichen bei Belichtung reversibel aus – ein Beleg für ihre Echtheit. Gleichzeitig dient das Ausbleichen der Druckfarbe als Kopierschutz, denn die Belichtung beim Kopieren oder Scannen löst den Farbumschlag aus.
Bis auf wenige Jahre forschte Oesterhelt in Bayern. „Für mich ist München die schönste Stadt der Welt und ich bin dankbar, dass ich hier immer die Möglichkeit hatte meiner Leidenschaft, der Forschung, nachzugehen.“
Preise und Ehrungen
Dieter Oesterhelt wurde in der Vergangenheit bereits mit vielen weiten Preisen geehrt. Beispielsweise 1991 mit der Otto-Warburg Medaille, 1993 mit der Gregor-Mendel-Medaille, 1999 mit dem Werner-von Siemens-Ring und 2004 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.